
Die 10 häufigsten Fädel-Charaktere – ein augenzwinkerndes Perler*innen-Schubladendenken
Ist Dir schon mal aufgefallen, worin sich die Glasperlenbegeisterten voneinander unterscheiden? Oder wo wir alle ähnlich ticken? Das wollte ich einmal genauer wissen. Also habe ich kurzerhand gedanklich einen meiner Schubladenschränke ausgeräumt und alle menschlichen Eigenarten und kleinen Schwächen, die uns Perler*innen eigen sind (jedenfalls die, die mir bekannt sind) darin einsortiert. Im echten Leben bewahrt dieser Schrank natürlich ausschließlich Glasperlen und Fädelzubehör auf, was sonst ;-). In meinem Artikel verwende ich nur die weibliche Ansprache, des Leseflusses wegen, die fädelnden Jungs dürfen sich natürlich sehr gerne auch angesprochen fühlen!
Ich bin auf 10 verschiedene Grundtypen gekommen. Viel Spaß damit!
1. Die Beschäftigte
Diese Spezies liebt das Fädeln als solches. Ergebnisse sind zweitrangig. Sie mag es, das Material in aller Ruhe zu besorgen, An- leitungen auszusuchen, bereitzulegen, und dann fädeln und fädeln und noch mal fädeln… Oft kommt diese Fädlerin dabei ganz woanders an, als sie anfangs eigentlich hin gewollt hat, denn sie hat während der Arbeit an dem Stück das Beachten der Anleitung völlig vergessen. Wie sie auch die Welt um sich herum vergessen hat. Das Fädeln an sich macht ihr Spaß und sie genießt den meditativen Effekt dabei. Und wenn ihr die aktuelle Spielerei keinen Spaß mehr macht, lässt sie promt die Nadel fallen und hört einfach auf. Der Weg ist ihr Ziel – wen interessiert schon das fertige Produkt? In ihrem Schrank wächst derweil der Stapel UFOs* stillschweigend vor sich hin…
* Un-Fertige-Objekte
2. Die Gebende
Das ist eine ganz Nette, denn sie verschenkt sehr gerne, was sie gefädelt hat. Alles in ihrem Umfeld bekommt zu jeder passenden oder auch manchmal unpassenden Gelegenheit ein schönes handgearbeitetes Schmuckstück überreicht. Notfalls mit Gewalt! Freunde, Nachbarn, Bekannte und Arbeitskollegen, falls er ihr begegnet auch der Briefträger, jeder wird großzügig bedacht. Sie ist überzeugt davon, dass sich jeder, aber auch wirklich jeder, über ein nett gemeintes und liebevoll erstelltes Schmuckstück von ihr zu freuen hat. In der Extremform macht sie auch vor Hund, Katze, Meerschweinchen oder den Fischen im Aquarium nicht halt. Außerdem fordert sie rigoros das Tragen der Schmuckstücke ein. Es gibt kein Entrinnen, wenn man es in die Reihen ihrer Günstlinge geschafft hat.
3. Die Hypermoderne
Fädeln und neue Techniken üben – na klar! Da ist sie sofort dabei. Für was hat sie denn ihr Tablet! Auf diesem werden fleißig Anleitungen gesammelt und ihr neuestes Smartphone hilft bei der Recherche und dem Austausch. Ihre Fach-Zeitschriften und Bücher liest sie digital. Das Fädeln hat sie zuhause am Laptop mithilfe der umfangreichen Auswahl von kostenlosen Online-Videos erlernt. Ausländische Anleitungen werden blitzschnell durch den Online-Übersetzer gejagt. Ihr Perlen-Vorrat wird mit allerneuester Bestands-Software verwaltet. Darin integriert ist selbstverständlich eine automatische Nachschub-Order-Funktion, die mit dem Perlenshop ihres Vertrauens verbunden ist und für immerwährend ausreichend vorhandenes Fädelmaterial sorgt.
4. Die Irrende
Wenn irgendetwas schief geht, ist diese Spezies hundertprozentig dran beteiligt. Der Faden reißt mitten in ausgerechnet dem Schmuckstück, das als Geschenk für die beste Freundin dringend fertig werden muss. Oder er ist insgesamt ein klitzekleines bisschen zu kurz, nur wenige Zentimeter, sodass mühsam neu angesetzt werden muss. In der letzten noch zu fädelnden Runde macht es „ping“ und eine der wichtigsten Verbindungsperlen platzt entzwei, natürlich so, dass das ganze Stück auseinanderfällt. Die Nadel bricht beim Arbeiten in einem Stück so blöd ab, dass das abgebrochene Ende unauffindbar irgendwo in den Perlen stecken bleibt. Von den exakt abgezählten Perlen rollt die eine, die unbedingt noch notwendig ist, auf Nimmerwiedersehen unter den Wohnzimmerschrank und so weiter und so fort. Diese Liste ließe sich noch ziemlich lange bis unendlich fortsetzen. Diese arme Spezies scheint ständig und überall ausschließlich vom Perlen-Pech verfolgt zu sein.
5. Die Luxuriöse
Sie verwendet immer nur das Beste vom Besten! Zu teuer gibt es nicht! Und kein Weg ist ihr zu weit, um das ganz Besondere zu er- gattern. Egal, ob es sich dabei um die perfekte Ausstattung des Perlenarbeitsplatzes, um die Aufbewahrungsmöglichkeiten ihrer um- fangreichen Vorräte oder die Perlen an sich handelt. Das Zubehör muss außerdem immer erlesen sein! Es ist beispielsweise absolut unter ihrer Würde, ihre hochwertigen Biegeringe mit einer einfachen Zange aus der Elektronikabteilung des ortsansässigen Bau- markt zu befestigen. Nö, ohne die Superedelversion mit vergoldeter Spitze und lederüberzogenen ergonomischen Griffen geht überhaupt nichts. Darum wird eine solche Zange bei Bedarf auch schon mal extra aus dem Ausland importiert.
6. Die Sparsame
Sie hat Tütchen – und davon eine ganze Menge! Der Inhalt? Restbestände aus vergangenen Projekten. Es sind 5 Stück Rocailles 15/0 übrig vom letzten Armband? Damit geht noch was, also aufheben! Dann nach einem neuen Projekt suchen, passend zu diesem Rest. Komischerweise bleiben später von diesem Projekt die nächsten Tütchen mit Restmengenperlen über. Und da ja absolut nichts übrig bleiben darf, ist diese Spezies immer auf der Jagd nach immer mehr günstigen Perlen passend zu ihren vorhandenen zuhause. Auch kennt sie sich besonders gut damit aus, wo es die schönsten freien Anleitungen im Netz zu ergattern gibt. Für ein Schmuckstück sind Kristalle vorgesehen? Die kann man sicher durch preiswertere Glasschliffperlen ersetzen! Ein Super-Sonder-Angebot im Perlenshop „Sowieso“? Oh, gute Gelegenheit, die Vorräte aufzustocken! Und ihre Nadeln werden immer bis zur absoluten Verbiegung (das bedeutet kurz vor Verknotung) benutzt, bevor sie in den wohlverdienten Ruhestand gehen dürfen.
7. Die Ungeduldige
Sie hat doch eigentlich gar keine Zeit zum Fädeln! Doch sie präsentiert sich so wahnsinnig gerne mit dem selbst erstellten glitzern- den Ergebnis. Hurtig muss es also gehen! Schnell sichtbare Erfolge hat sie gern. Deshalb kauft diese Spezies am liebsten Kits. Das geht fix, alles passt zusammen und ganz wichtig: das meiste, was sie zum Fädeln braucht ist darin enthalten. Sie kann also sofort loslegen. Langwieriges Suchen nach Material und Planung entfällt, denn das mag sie nicht. Außerdem läuft sie so keine Gefahr, dass irgendeine Farbe nicht zu den anderen passt, was die Ausführung verzögern würde. Oder sie stürmt in den Perlenladen ihres Vertrau- ens und hat in Rekordgeschwindigkeit alles benötigte eingesammelt. Dann flitzt sie nach Hause und wenn sie außerdem über die Fähigkeit einer Turbofädlerin verfügt (eine Untergattung dieser Spezies) wird sie noch an diesem Abend stolz das Ergebnis ihrer Akkordarbeit in der Öffentlichkeit vorführen können. Da kommt manch anderer schon außer Puste beim Zusehen.
8. Die Vollkommene
Wenn diese Spezies fädelt, meint sie es ernst! „Das muss alles ordentlich gemacht werden!“ – sowas hört man aus ihrem Mund. Bei ihr gibt es keine schiefen Nadeln, keine aus der fertigen Arbeit herauslugenden frechen Fadenenden. Die verwendeten Perlen werden nach Größe und Zustand sortiert, damit sich nur ja keine Perle mit klitzekleinen Fehlern in das Schmuckstück hineinschmuggelt. Ent- deckt sie während der Fädelarbeit eine falsch eingesetzte Perle in den Anfangsreihen, wird rigoros zurückgearbeitet. Notfalls rückt sie dem armen Schmuckstück sofort mit der Schere zu Leibe und fängt noch mal ganz von vorne an. Genauso hat auch der Fadenlauf und die Fadenspannung immer perfekt zu sein. Mit nichts weniger ist sie zufrieden. Auch wenn das Malheurchen später auf der Rückseite läge oder unter x-Perlenlagen verborgen – das Wissen, dass diese Mini-Macke existiert, würde ihr glatt schlaflose Nächte bereiten.
9. Die Zielgerichtete
Sie hat sicher extra einen monatelangen Kurs in Fädel-Projekt-Management gemacht. Denn sie weiß immer genau was sie will und ebenso wie sie es ohne allzu viele Umwege erreichen kann. Kleine, überschaubare Projekte mit kalkulierbarem Arbeitsaufwand dürfen es für sie vor allem sein. Dafür wird konkret das Material in benötigter Menge eingekauft und das Schmuckstück dann angefertigt. So wie es in der Anleitung steht, wird gefädelt! Schritt für Schritt. Sie sieht weder nach rechts noch nach links, sondern arbeitet ruhig alle zu erledigenden Schritte nacheinander ab. Das Ergebnis wird ganz sicher zum Wunschtermin fertig sein. Respekt!
10. Die Eichhörnchen-Elster
Ich möchte ganz zum Schluss noch einen augenzwinkernden Viechervergleich hinzufügen: Das nimmer satte Eichhörnchen (genau genommen ist es eine Kreuzung aus unersättlichem Nagetier und glitzerliebender Elster)! Es hortet fleißig, rastlos und immerzu. Nie hat es genug Schätze gesammelt – jaja, das verflixte Eichhorn-Gen ;-). Und es findet dann häufig leider nichts mehr wieder. Vor allem, wenn es etwas ganz Bestimmtes ganz dringend sucht. Diese Schwäche haben fast alle zweibeinigen Perlen gattungsübergreifend, darum sortiere ich das niedliche Tierchen einfach in die letzte und größte Schublade ein. Wir wissen meist genau, dass dieses oder jenes Zubehörteil irgendwo in unseren Schätzen schlummert. Aber wenn man‘s braucht, ist es verschwunden, typisch Eichhörnchen. Ich seh mich im Geiste dann Haare raufend und fluchend inmitten eines in Rekordgeschwindigkeit entstehenden Chaos sitzen, ihr auch? Garantiert ist: Man findet das gesuchte Teil! Allerdings erst nächstes Jahr oder noch später… Doch bis dahin hat man schon lang eine Alternative eingesetzt. Außerdem konnnte man die günstige Gelegenheit Ersatz zu besorgen gleich dazu nutzen, um die Vorräte mit einigem dringendst (natüüürlich!!!*grins) benötigten Glitzerkram aufzustocken (Schuld ist nur das Elster-Gen* unschuldig guck). Denn Vorräte hat die Eichhörnchen-Elster bekanntermaßen nie genug, nicht wahr?
Beadwork (deutsch: Fädeln) ist ein faszinierendes und einzigartiges Hobby, eine kunsthandwerkliche Technik, die in einer fröhlich bunten und weltweiten Gemeinschaft gepflegt wird, egal wie sehr sich der persönliche Umgang mit dem Material von dem der anderen Perler*innen unterscheidet. Es vernetzt über Landesgrenzen und Sprachbarrieren hinweg und das finde ich absolut großartig! So, genug gelobhudelt 😉
Erkennst Du dich wieder irgendwo? Meine kleine Zusammenstellung erhebt selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist auch nicht allzu ernst gemeint. Ich würde mich freuen, von Dir zu hören, on Du noch eine andere Spezies kennst, die ich hier noch nicht erwähnt habe!?! Klicke dazu einfach auf den folgenden Link:


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